FotoGalerie 03/2025 – Die Geheimnisse des Lerbacher Buchenwaldes

November 2025:
Beitrag von Jürgen Trull, Lerbach

Mit folgender Thematik habe ich nun etwas aufgegriffen, dass
1. noch in diese Jahreszeit passt,
2. sich illustrativ gut darstellen lässt und
3. einen Teil der besonderen Natur des Lerbacher Buchenwaldes mehr in Aufmerksamkeit und Bewusstsein rücken kann.

lerbach25-jtrull-geheim-01.jpg

Der Lerbacher Buchenwald hätte es m.E. längst verdient, als besonderer Lebens- und Erlebnisraum angesehen zu werden und auch in dieser Hinsicht eine entsprechend größere Wertschätzung zu erfahren.

Zu jeder Jahreszeit ermöglicht der naturnahe Buchenwald am Lerbacher Langenberg/Sommerberg allen Besuchern eindrucksvolle Naturerlebnisse.

lerbach25-jtrull-pilz-08.jpg
Samtfußrübling
lerbach25-jtrull-pilz-09.jpg
Der Samtfußrübling hat die gewohnt-typische in Hut und Stil gegliederte Pilzform. Er ist ein beliebter Speisepilz, in der  asiatischen Küche ist seine Zuchtform „Enoki“ verbreitet und wird dort gern verwendet. Dieser Winterpilz ist besonders frostresistent und verliert bei tiefen Temperaturen seine Form nicht. Er enthält ebenfalls zahlreiche Vitalstoffe und wird als Heilpilz eingesetzt.

Ungemütlich, neblig, feucht und kalt, so präsentiert sich meistens der Spätherbst im November/Dezember auch im Lerbacher Buchenwald.

lerbach25-jtrull-pilz.10.jpg
Der Austernseitling ist ein hervorragender und beliebter Speisepilz. Er zählt, da er sich gut kultivieren lässt, zu den weltweit wichtigsten Kulturpilzen. Er ist unter dem Namen „Kalbfleisch-Pilz“ im Handel. Als typischer Winterpilz braucht er tiefe Temperaturen um seine Fruchtkörper auszubilden. Er hat etliche besondere Eigenschaften und wird in der Tradition unterschiedlicher Kulturen ebenfalls als Heilmittel verwendet.

Gerade in dieser Schmuddelwetterzeit, lassen sich im Lerbacher Buchenwald  Entdeckungen machen, die interessierten Menschen Einblicke eröffnen in eine Welt exotischen Formen-und Farbreichtums, zahlloser ökologischer Verbindungen und heilwirksamer Substanzen.

lerbach25-jtrull-pilz-01.jpg
Der Gemeine Spaltblättling gilt weltweit als der meist verbreitetste Pilz. Seine augenfälligen muschelförmigen Fruchtkörper findet man häufig an liegendem Buchenstammholz. Er wirkt dort als Weißfäule-Erzeuger und Folgezersetzer. Die Inhaltsstoffe dieses Pilzes und deren Eigenschaften würden für eine ausführliche Beschreibung mehrere Seiten füllen und den Rahmen dieser kleinen Betrachtung hier sprengen. Sie reichen von seiner Kälte- und Hitzeresistenz bis hin zur Verwendung in der Ölindustrie, im Instrumentenbau und als Heilpilz in der Krebstherapie.

Es geht um Pilze und um Phänomene an denen Pilze beteiligt sind.
Pilze sind weder Tier noch Pflanze sondern bilden eine eigene Ordnung im Gefüge des Lebendigen.

lerbach25-jtrull-pilz-02.jpg
Krauser Adernzähling
lerbach25-jtrull-pilz-03.jpg
An Laubholzstämmen und Ästen finden sich häufig die ähnlich geformten Fruchtkörper des Krausen Adernzählings zur Reifezeit, im Spätherbst/Winter sind sie besonders farbintensiv. Die weiteren Eigenschaften sind längst nicht so zahlreich wie bei der vorher beschriebenen Art. Beiden Arten gemeinsam ist der markante Unterschied zwischen Ober- und Unterseite und ihre Holz-zersetzenden, vom toten Material selbst ernährende (saprobiontischen) Wirkungen.
lerbach25-jtrull-pilz-04.jpg
Die Schmetterlingstramete wird seit Jahrhunderten besonders in der traditionellen chinesischen Medizin als Heilpilz unter dem Namen „Coriolus“ verwendet. Ihre zahlreichen Vitalstoffe ermöglichen ein breites Anwendungsspektrum bis hin zur Anwendung in der Krebstherapie.

Gemeint sind hier nicht die bekannten Speisepilze, sondern die Pilzarten, die im Herbst und/oder Winter hier vorkommen, teils besondere Eigenschaften haben und für das Artenspektrum dieses Waldes charakteristisch sind.

lerbach25-jtrull-pilz-05.jpg
Der Striegelige Schichtpilz enthält, wie die Schmetterlingstramete viele heilwirksame Substanzen, er ist darüberhinaus in der Lage, durch interne Stoffwechselvorgänge, Pestizide abzubauen. Seine markante Farbigkeit ist ein eindrucksvolles, jedoch kein alleiniges
Erkennungsmerkmal.

Die technischen Möglichkeiten zeitgemäßer Naturfotografie erlauben es, diese oft nur wenige Zentimeter großen Organismen, in detailreichen Fotografien darzustellen. Nicht nur zu rein dokumentarischen Zwecken, sondern dank ihrer vielgestaltigen Exotik und dekorativen Ornamentik, als wahre Kunstwerke der Natur zu präsentieren.

lerbach25-jtrull-pilz-06.jpg
Judasohr 
lerbach25-jtrull-pilz-07.jpg
Das Judasohr ist ebenfalls ein typischer Winterpilz. Als Heilpilz findet er unter anderem Verwendung als Cholesterin-Senker. Seine kultivierte Zuchtform ist unter dem Namen „Mu Err“ bekannt. Er ist geschätzter Bestandteil vieler Chinesischer- und Japanischer Gerichte. Judasohren wachsen meistens an Holunderbüschen und Weiden.

Weitaus wichtiger als ihre visuelle Anmutung ist jedoch die Artenvielfalt als bedeutender Indikator für ein gesundes, vitales Ökosystem Wald.

lerbach25-jtrull-pilz-11.jpg
Orangeseitling
lerbach25-jtrull-pilz-12.jpg
Der Orangeseitling ist im Gegensatz zum Austernseitling kein Speisepilz. Er ist zwar ungiftig hat aber keinen guten Geschmack und darüberhinaus auch keine besonderen Inhaltsstoffe. Für Naturfotografen allerdings ein beliebtes Motiv wegen der leuchtenden Farbe und der schönen, symmetrischen Form.

Die hier beschriebenen Eigenschaften beziehen sich auf die abgebildeten Fruchtkörper, den Sporenträgern der jeweiligen Pilzarten. Der eigentliche Pilz besteht aus mikrofeinen Pilzfäden, den Hyphen, in ihrer Gesamtheit Myzel genannt. Meist unseren Blicken verborgen, durchziehen sie wie ein feines Netz Waldböden und Totholz.

lerbach25-jtrull-13.jpg
Herbst-Lorchel
lerbach25-jtrull-14.jpg
Die Herbst-Lorchel wächst gern an Wegrändern. Die bizarre, nie gleiche Form des Fruchtkörpers, mit ihrem tief zerfurchten Stiel, kommt auf Fotos sehr gut im Gegenlicht zur Geltung, wenn ihr zartes  Fruchtfleisch dann im wahrsten Sinne durchleuchtet wird. Ihr Speisewert ist gering, im Rohzustand ist sie schwach giftig.    

Die zahlreichen symbiotischen Verbindungen und Verflechtungen der Pilze mit Bäumen, anderen Pflanzen und vielen Kleinlebewesen sind, ebenso wie ihre heilwirksamen Inhaltsstoffe, noch längst nicht vollständig erforscht, ein großer Teil der Pilzarten noch nicht einmal dokumentiert.

lerbach25-jtrull-15.jpg
Die Grubenlorchel wächst wie die Herbstlorchel gern an Wegrändern. Sie wird leicht übersehen, da sie oft vom herbstlichen Falllaub bedeckt ist. Ihre Farbvarianz ist groß, sie reicht von grau-blau bis schwärzlich. 

Pilze übersieht man leicht, doch sind sie für sämtliche Ökosysteme der Erde von elementarer Bedeutung. Sie beeinflussen oder steuern unzählige Stoffwechselvorgänge des Lebens auf der Erde und das seit einigen Milliarden Jahren. 

lerbach25-jtrull.pilz.20.jpg
Rosagetönte Gallertkruste
lerbach25-jtrull.pilz.21.jpg
Rosagetönte Gallertkruste
Zuletzt noch ein Phänomen, welches lange nicht erklärbar war. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, Windstille, Schneearmut und mäßiger Luftfeuchtigkeit kann man an abgestorbenen Ästen manchmal „Haareis“ oder „Eiswolle“ beobachten. Haareis war im Hinblick auf seine Entstehung lange ein Rätsel. Erst 2015 gelang es, einen unscheinbaren Pilz ausfindig zu machen – die Rosagetönte Gallertkruste, deren feine Pilzfäden im Holz, die Bildung von Haareis unter bestimmten Bedingungen verursachen.
Im letzten Winter 2024/25 ließen sich sehr viele, mit Haareis besetzte Hölzer im Lerbacher Buchenwald beobachten.

Meine Schlußbemerkung:
Zugegeben, nicht jede der abgebildeten Pilzarten findet man hier am Lerbacher Sommerberg in jedem Herbst und Winter.
Die Entwicklung der Pilze unterliegt – Pilzsammler wissen das – geheimnisvollen, bislang wenig erforschten Zyklen.
Temperatur in Verbindung mit Niederschlag und Bodenfeuchte sind dabei wohl ganz wichtige Faktoren.
Doch dieser Wald ermöglicht, wie eingangs erwähnt, zu jeder Jahreszeit mit seinem enormen Artenspektrum, großartige Naturerlebnisse besonderer, anderer Art. 
Die hier gezeigte, jahreszeitlich begrenzte und bei weitem nicht vollständige Auswahl an Pilzarten, ist davon nur ein kleiner Ausschnitt.

Hallo Wolfgang,
mit der o.a. Schlussbemerkung möchte ich diesen Themen-Blog abschließen.
Vielen Dank für Deine Mithilfe!
Harzliche Grüße aus der alten Heimat 
Jürgen

Beste Grüße und vielen Dank an Jürgen für die Einblicke in einige „Geheimnisse des Lerbacher Buchenwaldes 2025„.

Wolfgang (Wolf) Gärtner
email: gaertner@interform.de

Auch sehenswert:
https://lerbachtal.de/fotogalerie-01-25-juergen-trull/

PS: Diese FotoGalerien sind offen für Alle, die ihre besonderen Fotos zeigen wollen.
Foto-Zusendungen bitte per email mit Bildbeschreibung und Aufnahmedatum.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert