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Aus der Geschichte des Lerbachtales

Im Mittelalter nutzen Osteroder Bürger das Lerbachtal zur Weide ihrer Viehherden. In dieser Zeit wurden mit dem Bau eines Rinderstalles und der zugehörigen Hirtenwohnungen erstmals einzelne Gebäude im Bereich der späteren Gemeinde errichtet.

Lerbachtal, Südhang um 1920

Schon 1460 wird eine Zangenhütte im benachbarten Bremketal urkundlich erwähnt. Um 1500 entstand jedoch im Lerbachtal eine dörfliche Siedlung, da die dort vorhandenen Wasserkräfte besser genutzt werden konnten und sich auch die dortigen Eisensteinvorkommen als ergiebiger erwiesen.

Der Betrieb der Eisensteingruben und Erzschmelzen im Bereich des Dorfes kam während des 30jährigen Krieges (1618 – 1648) beinahe vollständig zum Erliegen. Erst nach 1648 folgte nochmals ein Aufschwung der örtlichen Montanbetriebe. Die Gruben wurden von sogenannten Eigenlehnern betrieben, die die landesherrliche Bergbauverwaltung mit dem Recht zur Ausbeutung bestimmter Grubenplätze belehnte. Es entstanden viele kleine Bergbauunternehmen, in denen meist nur der Eigenlehner, seine Familienangehörigen und wenige Bedienstete arbeiteten.

Heinrich-Heine-Blick von der Alten Harzstrasse, um 1950

Mit der Einstellung der Osteroder Hütte im Jahr 1730 bestand keine Möglichkeit mehr, die Lerbacher Erze ortsnah zu verarbeiten. Der Bergbau im Dorf verlor aus diesem Grunde an Bedeutung, die Waldarbeit und Köhlerei wurde zum hauptsächlichen Erwerbszweig der Lerbacher Einwohner.

Umgebung Lerbach, Blick auf die Obere Harzstrasse, 2023 (Andreas Bücher)

Mitte des 17. Jahrhunderts gründete man im Dorf eine Schule. Seit 1728 bildet der Ort, der bislang zum Sprengel der Osteroder Aegiediengemeinde gehörte, einen eigenen Pfarrbezirk. In Lerbach gab es zu diesem Zeitpunkt 72 Häuser, in denen 525 Einwohner lebten. Die Errichtung einer staatlichen Eisenhütte in Lerbach im Jahr 1789 führte zu einem Wiederaufleben des örtlichen Eisensteinbergbaues. Durch die Verhüttung im Ort konnten die aufwendigen Transporte zu auswärtigen Erzschmelzen entfallen und somit die Rentabilität der Gruben erhöht werden.

Lerbacher Kirche, 2021 (c) Indra Zahner

Jedoch musste die Hütte schon nach 23 Jahren im Jahre 1812 ihren Betrieb wieder einstellen, da Zwangsabgaben (Kontributionen) und Beschlagnahmen während der Zeit des Königreichs Westfalen eine wirtschaftliche Betriebsführung unmöglich werden ließen. Wiederum mussten die meisten Lerbacher nun ihren Lebensunterhalt aus der Waldarbeit bzw. der Köhlerei bestreiten. Landwirtschaft im größeren Stil war im Bereich des Ortes nicht zu betreiben, jedoch nutzte man die Waldungen auch als Viehweide. Die einzelnen Viehhalter besaßen meist nur wenige Tiere, so dass daraus kein größeres Einkommen zu erzielen war.

Schon ab 1770 gab es in Lerbach eine sogenannte Eisensteiner-Gnadenkasse, die als genossenschaftliche Organisation die Beerdigungskosten ihrer Mitglieder übernahm. Später erweiterte sich das Tätigkeitsfeld dieser Begräbniskasse auch auf Versicherungen gegen Unfälle, Krankheit usw.. Im Jahr 1820 gründete man daraus eine Privatsparkasse, die lange Zeit als älteste Privatsparkasse Deutschlands angesehen wurde.

1840 wurde die Lerbacher Hütte wieder in Betrieb genommen. Technisch erneuert und mit größeren Kapazitäten ausgestattet, konnte dieses staatliche Unternehmen eine letzte Blüte des örtlichen Bergbaus herbeiführen.

Lerbachtal, Blickrichtung Westen, 2023 (Andreas Bücher)

Aber schon 1867 legte man den noch mit Holzkohle befeuerten Hochofen der Lerbacher Hütte still, da man der Konkurrenz der auf Steinkohlebasis arbeitenden größeren Eisenschmelzen in Westfalen nicht mehr gewachsen war.

Jedoch bestand die Lerbacher Hütte als metallverarbeitender Betrieb noch bis 1931 weiter. Zu den Produkten gehörten insbesondere Gießereierzeugnisse, wie zum Beispiel Werkzeuge. Mit dem Ende des Hochofenbetriebes setzte auch der Niedergang des örtlichen Eisensteinbergbaues ein.

1887 stellte die letzte Lerbacher Grube die Eisensteinförderung ein. Auch der seit Jahrhunderten im Ort ansässige Berufsstand der Köhler verschwand aus dem Ort, da die Steinkohle die Holzkohle als Brennstoff verdrängte.

Mit dem Ende der alten Wirtschaftszweige – Bergbau, Hütte, Köhlerei – setzte aber auch ab 1874 eine Welle neuer Unternehmensgründungen im Dorf ein. Insbesondere metallverarbeitende Betriebe siedelten sich im Ortsbereich Lerbach an, daneben wuchsen auch die Beschäftigtenzahlen im Handwerk.

Umgebung Lerbach, nordöstlich vom Hundscher Weg, 2023 (Andreas Bücher)

1874 gründete sich in Lerbach ein Badekomitee, das über den Bau von Wanderwegen und den Bau von Pavillons den Fremdenverkehr im Ort förderte. Im Dorf zählte man zur Jahrhundertwende (1897) 1493 Einwohner und 144 Häuser.

Umgebung Lerbach, Blick von der Mühlenwiese (nahe Mariensblick), 2023 (Andreas Bücher)

Mit der Eingliederung der Flüchtlinge nach dem 2. Weltkrieg wuchs die Zahl der Lerbacher von 1337 Personen im Jahr 1939 auf 2056 Einwohner im Jahr 1950 und es änderte sich die Bevölkerungsstruktur des Ortes. 1972 wurde Lerbach aus dem Oberharzer Landkreis Clausthal-Zellerfeld als Ortsteil in die Stadt Osterode am Harz – heute Landkreis Göttingen – eingemeindet.

In Lerbach leben heute ca. 800 Personen (Stand 2023) (c) Stadtarchiv Osterode/Harz).