Wenn ein Harzer Bergsteiger sich die Besteigung des höchsten Gipfels Nordamerikas, den Denali (Mount McKinley) mit 6194 m vornimmt, dann muss er wissen, worauf er sich damit einlässt und gut trainiert, besonders fit und perfekt vorbereitet sein.
Denali“ ist der traditionelle Name des Berges, das „der Große“ oder „der Hohe“ bedeutet. Der Name Mc Kinley stammt von dem bis 1901 regierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten und wurde 1917 zur Gründung des Mount-McKinley-Nationalparks offiziell so benannt, blieb aber umstritten und wird seit 2015 wieder mit dem amtlichen Namen: Denali bezeichnet.. (c) Auszug wikipedia
Hier der 6. Bericht (von 6) von Günther Koch:
Bergsteigen in Alaska
1990 war es dann soweit. Allein der Name hat mich schon immer gereizt. Ich buchte die Teilnahme an der Besteigung des Mount McKinley beim Deutschen Alpenverein.
Begonnen hat es dann aber zunächst in den Alpen. Unser Bergführer wollte auf einigen Touren wissen, ob alle Teilnehmer für das Abenteuer Alaska geeignet sind.
Talkeetna ist ein kleiner Ort nördlich von Anchorage in Alaska (Alaska Range), von dem aus wir zum Basecamp des Mount McKinley fliegen wollen. Leider hält uns das Wetter 3 Tage lang gefangen. Wie man sieht, ist die Stimmung auf Null.
Das Wetter wird besser. Das ist die Zeit, um Ausrüstung und Verpflegung zu testen und zu sortieren. Eigentlich sind die Zelte für 2 Personen gedacht. Um Gewicht zu sparen, werden wir zu Dritt darin schlafen. Wir müssen mit insgesamt 20 Tagen am Berg rechnen.
Im Talkeetna-Rangerbüro informiert uns ein Ranger über Verhaltensweisen am Mount McKinley. Hier ein markantes Beispiel: Bei Erreichung des Gipfels nicht hinsetzen. Der Berg gehört zu den kältesten unseres Planeten mit wenig Sauerstoff. Die Gefahr des Einschlafens mit Todesfolge ist groß.
Endlich ist es soweit. Es kann losgehen. Allen fällt ein Stein vom Herzen, haben wir doch schon fast mit dem Abbruch der Tour gerechnet. Schnell ist alles verstaut in der kleinen Maschine.
Gleich nach dem Start liegen die alpinen Alaskaberge unter uns.
Dann wird es spannend. Die Maschine biegt in ein Seitental ab, landet bogenförmig und steht dann gleich wieder zum Start bereit. Für uns beginnt jetzt die Besteigung des Mount McKinley.
Zunächst wird, um uns vor Wind und Kälte zu schützen, das Lager eingerichtet. Mit einer Säge werden Schneeblöcke ausgeschnitten und zu Schneemauern aufgeschichtet. Nach getaner Arbeit gibt es die erste Stärkung mit Suppe und Tee.
Der Aufstieg zum Mount McKinley beginnt. Nachdem wir unsere Rucksäcke und Schliitten mit dem notwendigen Gepäck beladen haben, geht es auf festem Schnee immer weiter nach oben. Schon bald machen sich das Gepäck und die dünne Luft bemerkbar. Ich habe über 40 kg zu schleppen. So geht es bis am frühen Abend, bis das nächste Camp erreicht ist.
Wieder steigen wir ab ins Basecamp des Mount McKinley, um auszuruhen und Kraft für den nächsten Tag zu sammeln, denn dann wollen wir das nächste HöhenLager einrichten.
Ohne langen Aufenthalt wird mit Hilfe der Säge wieder eine Schneeburg gebaut und unser Gepäck darin verstaut. Danach geht es wieder hinunter ins Basecamp.
Der Abstieg ins Basecamp ist notwendig, damit der Körper genug Zeit hat sich langsam, je höher man kommt, auf die immer geringere Sauerstoffzufuhr einzustellen. Wird das nicht beachtet, kann die Höhenkrankheit die Folge sein.
Ein langer Tag liegt hinter uns. Der Wetterbericht hat Orkanböen mit starken Schneeverwehungen am Mount McKinley vorhergesagt. Eilig bauen wir das HöhenLager auf und schützen es mit den Schneemauern. Die Temperatur soll unter Minus 30 Grad fallen. Das „Abendmal“ schaffen wir gerade noch.
Dann geht es los. Die ersten Windstöße und Schneetreiben machen das Aufstellen der Zelte fast unmöglich. In der Nacht wird es immer schlimmer. Dauernd müssen wir raus, um das Zelt vom Schnee zu befreien.
Nach der eiskalten Nacht am Mount McKinley haben wir uns entschlossen, weiter oben am Berg den Proviant im Schnee zu vergraben, um uns durch Bewegung warm zu halten.
Das Wetter hat sich beruhigt. Wir packen alles zusammen und steigen hinauf zum Medical Camp (Medizinlager). Die eigene Ausrüstung und ein Anteil Proviant wiegen bei mir 43 Kg. Der Schlitten versucht laufend, mich das Schneefeld hinunter zu ziehen.
Der kleine Kerl (Vogel) ist steif gefroren im Schnee stecken geblieben. In unseren Hosentaschen ist er wieder aufgetaut.
Früh am nächsten Tag verlassen wir unser Camp und steigen wieder auf zum oberen Lager.. Dort angekommen, wird erst einmal sauber gemacht.
Hart im Nehmen bin ich bereit, unsere Fäkalien zu entsorgen – fest und sicher verpackt verbinde ich das mit einer Schlittenfahrt.
Empfangen werden wir am Medical Camp von einem Plumpsklo. Das muss hier oben reichen. Hier schlagen wir das vierte Lager auf.
Das MedicalCamp ist ständig von Medizinern besetzt. Wir werden untersucht, ob unsere Körper sich ausreichend an die Höhe angepasst haben. Hier werden Verletzte oder von der Höhenkrankheit betroffene Bergsteiger versorgt.
Zwei Bergsteiger aus unserer Gruppe erwischt es. Unser Bergführer entscheidet, dass sie nicht weiter mit uns aufsteigen können.
Der Aufstieg zum Gipfel steht heute an: Das Wetter ist schön und soll es auch in den nächsten Tagen bleiben. Wir starten vom Medical Camp. Die Route führt auf dem linken Shnee-und Eisfeld hinauf über den Grat der riesigen Felsmauer. Das kann nur mit Steigeisen klappen.
Mein Kletter-Partner hinter mir bekommt nach dem halben Aufstieg Probleme. Ich nehme zusätzlich seinen Rucksack und trage ab jetzt 2 Rucksäcke. Es geht ihm dann schon wieder besser.
Wir schlagen oben auf dem Grat noch einmal unsere Zelte auf und genießen den traumhaften Sonnenuntergang auf den Mount Hunter und das Medical Camp.
Morgen stehen wir hoffentlich auf dem Mount McKinley
Wir sind unterwegs zum Gipfel. Noch ist das Wetter schön, der noch weit entfernte Gipfel aber versteckt sich hinter Wolken. Die Mannschaft teilt sich nach bereits langem stapfen im Schnee.
Wir, die erste Seilschaft stecken zur Orientierung in Abständen Holzstöcke mit Fähnchen in den Schnee, der aufkommende Nebel ist eine Warnung.
Ich erinnere mich an die Warnung des Rangers in Talkeetna sich nicht hinzusetzen mit der großen Gefahr einzuschlafen. Wir halten uns daran, obwohl wir alle es sehr gern machen würden.
Wie lange habe ich davon geträumt, auf dem Mount McKinley (Denali), 6194 m zu stehen. Leider nimmt der Nebel uns alle erhofften Aussichten. Nicht zu ändern, schade.
Der Abstieg: Lange können wir es hier oben nicht aushalten. Es ist eiskalt und der Wind tut noch einiges dazu.
Ich gehe vor und halte mich an die im Schnee gesteckten Sticks. Dann taucht die zweite Seilschaft aus dem Nebel auf. Sie haben es leider nicht geschaft. Einer von Ihnen wird von uns gestützt. Ich trage seinen Rucksack. Hoffentlich hat er nicht die Höhenkrankheit.
Spät am Abend erreichen wir den Felsgrat über dem Medical Camp. Mit dem Farbenrausch des Sonnenuntergangs genießen wir das Gefühl, tatsächlich auf dem Gipfel des Mount McKinley in 6194 m Höhe gestanden zu haben.
Wir schauen hinunter zum Medical Camp, von dem wir morgen zurück zum Base Camp starten.
Zurück im Base Camp:
17 anstrengende Tage voller Erlebnisse und Selbstüberwindungen sind hinter uns.
17 Tage, die ich nie vergessen werde.
Der Pilot schenkt uns noch einen fantastischen Rundflug über die Alaska Range.
Am 23. Mai 1990 stand ich gegen 19:30 Uhr in Alaska auf dem Gipfel des Mount McKinley (Denali) in 6194 m Höhe – aber kaum Sicht, es war leider nebelig … Good bye Mount McKinley.
Selbst wenn man vorher überzeugt ist, perfekt auf die Besteigung dieser hohen Gipfel vorbereitet zu sein, zeigen diese Berichte die vielen Überraschungen der Natur und Unwägbarkeiten, die bei derartigen Spitzenleistungen als Bergsteiger zu bewältigen sind.
Nach vielen weiteren interessanten Reisen ist Günther Koch in den letzten Jahren hauptsächlich beeindruckend in der Naturfotografie im Harz tätig geblieben.
Wenn man Günther Koch auf einzelne Erinnerungen anspricht, dann kommen noch ganz andere Details „ans Tageslicht“ – weit mehr, als über die hier berichtet werden konnte.
Beste Grüße
Wolfgang Gärtner
email: gaertner@interform.de
Bilder – sofern nicht anders bezeichnet – von Günther Koch
Soweit die Bildberichte über hohe Berge, die Günther Koch bestiegen hat. Vielen Dank für das Interesse.
Bisher sind erschienen auf www.lerbach.de:
– Bergsteigen im Harz und an der Zugspitze
– Bergsteigen in Bolivien
– Bergsteigen im Berner Oberland
– Bergsteigen im Kleinwalsertal
– Bergsteigen in den Walliser Alpen
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